Mein Konzert Nummer zwei mit Demon’s Eye im Meisenfrei
Am 27. November war es wieder soweit. Demon’s Eye waren wieder zu Gast im schönen Bremer Bluesladen Meisenfrei – und ich durfte wieder dabei sein.
Wieder ein Abend, an dem wir einfach nur ausgelassen die Schönheit von Rockmusik auf höchstem Niveau feiern konnten. Meine Höhepunkte: natürlich „Child in Time“ und die wie gewohnt fulminanten Interpretationen von DP Mark III-Songs („Mistreated“, „Burn“, „Soldier of Fortune“). Aber auch die anderen Songs waren wunderbar, auch der eigene Song aus dem ersten Album „The Stranger Within“ „Far over the Rainbow“. Das neue Album „Under the Neon“ ist übrigens so gut, dass der eine oder andere Song durchaus Eingang ins Live-Set finden sollte.
Eine kleine Personalveränderung gab es im Laufe dieses Jahres. Statt des unvergessenen Florian Pritsch bedient nun Gert-Jan Naus die Keyboards. Es ist immer schwer, einen wahrhaft verdienten Musiker adäquat zu ersetzen. Wir alle dürfen uns glücklich schätzen, dass das so überzeugend gelungen ist. Gert-Jan, der natürlich über alle notwendigen Voraussetzungen für einen ausgezeichneten Keyboarder verfügt, spielt ein wenig härter als sein Vorgänger. Vor allem aber bringt er dieses magische Purple-Feeling ein und er erweist sich auch keinesfalls als schüchtern. Vielmehr haut er so selbstbewusst in die Tastatur, wie man es sich nur wünschen kann. Das alles hat er nun auch live überzeugend demonstriert.
Besonderes Lob gebührt auch Maik Keller. Die öffentliche Minderwahrnehmung von Bassisten zieht sich wie ein roter Faden durch die Rockmusikgeschichte (man könnte ganze Bücher damit füllen). Zu Deep Purple Mark II-Zeiten äußerte Jon Lord einmal, dass Roger Glover völlig zu Unrecht das unbekannteste Mitglied der Band sei. Wehrt euch gegen diese schlechte Behandlung durch die Medien! Ihr spielt ein sauschweres Instrument. Ohne Bass wäre die Rockmusik, die wir lieben, nicht denkbar. Und Maik Keller hat dieses Instument an diesem Abend äußerst kraftvoll und gekonnt eingesetzt. An dieser Stelle muss natürlich auch der superbe Swing erwähnt werden, den Andree Schneider an der ‚Schießbude‘ in den Saal gezaubert hat.
Es hieße, Eulen nach Athen zu tragen, wollte man noch einmal das formidable Gitarrenspiel von Mark Zyk hervorzuheben. Wer Ohren hat zu hören, weiß das ohnehin schon längst. Im kommenden Sommer wird der Meister (in Schwarz) noch einmal die Rock-Gitarre in die Hand nehmen, aber er muss erst einmal besser sein. So sicher bin ich mir da nicht.
Eine außerordentlich professionelle Berufsauffassung legte der Sänger Dario Velasco an den Tag. Trotz einer Erkältung zog er das ganze (natürlich wieder sehr lange) Programm durch – und wie! Bei den tiefen Tönen konnte man ihm das Handicap ab und an anmerken, aber die hohen Töne waren schlicht formidabel. Liebe Sänger aus der Heavy-Metal-Szene, mal aufgepasst: Wer ganze Songs nur schreiend bewältigt, kann für sich nicht in Anspruch nehmen, besonders große Kunst zu kreieren, denn schreien kann schließlich jeder. Dario schreit (fast) nie. Jeder noch so hohe Ton (wie zum Beispiel bei „Child in Time“ unbedingt erforderlich), jeder kraftvolle Ton (bei „Mistreated“ unabdingbar) enthält ein deutlich hörbares Vibrato. Selbst die schwierigsten Tonlagen werden nicht geschrien, sondern gesungen – und spiegeln mithin die Sängerpersönlichkeit wider, dessen Stimme wir hören. Das ist die ganz hohe Schule – und Dario beherrscht sie meisterhaft. Und nur so können Songs wie „Child in Time“ und „Mistreated“ das sein, was sie sein sollten: Kronjuwelen der Rockmusikgeschichte.
Mag Dieter Bohlen weiter seinen musikalischen Flurschaden anrichten und talentierte Sänger auf das Singsang-Niveau von Modern Talking hinunterzerren (gegen das selbst der Sound einer Schar vorüberfliegender Krähen wie ein ideelles Gesamtkunstwerk anmutet): Bei Demon’s Eye sind musikalische Talente genau richtig aufgehoben – und können sich weiterentwickeln. Das Ergebnis: Rockmusik der Spitzenklasse, wie der Gig im Meisenfrei wieder einmal gezeigt hat.